Donnerstag, 9. November 2017

Der Besuch der alten Dame, Friedrich Dürrenmatt


Goethe, Schiller, Lessing, Kafka und der Rest der Rasselbande gehört in die Schule.
 
Deutsche Literatur ist lediglich Bestandteil des Deutschunterrichts.
 
Was für ein Humbug.
 
Aber genau so habe ich noch vor ein, zwei Jahren über germanistische Lektüre gedacht. Erst vor wenigen Monaten habe ich mich neuen Genres und neuen  Autoren öffnen, beziehungsweise zuwenden, können, welche über andere Dinge schreiben und schrieben, als sonderbare Wesen, mystische Kräfte und verborgene Welten. Ich liebe diese Bücher noch immer von vollem Herzen, versteht das nicht falsch, nur fehlt mir leider aktuell die Zeit mich mit diesen komplexen Werken zu beschäftigen. Da ist es leichter sich ein kleines, dünnes Diogenes Büchlein oder Reclam Heftchen zu schnappen und in der U-Bahn zu lesen – und vor allem günstiger!
 
Inspiriert und angestoßen von zwei Freundinnen besorgte ich mir vor drei Tagen Friedrich Dürrenmatts „Der Besuch der alten Dame“ – momentan auch in jedem Buchladen zu finden – und begann zu lesen.
Zu Beginn war ich ein wenig skeptisch, wie lang ich es wohl durchhalten würde, wollte es aber dennoch versuchen – ich hatte Gutes aus verlässlichen Quellen gehört! ;) Jedoch legte sich meine anfängliche Skepsis schnell von selbst und machte überraschendem Interesse Platz. 

 
Als Claire Zachanassian nach vielen Jahrzehnten wieder in ihr Heimatdorf Güllen zurückkehrt und den Bewohnern der einst so lebhaften, inzwischen aber eher heruntergekommenen Stadt das Angebot unterbreitet eine Millarden zu spenden, verfallen die Bürger in eine moralische Zwickmühle. Denn das Geld ist an eine Forderung gebunden; eine einzige Forderung, welche Allerdings die Prinzipen der verarmten und hochverschuldeten Güllener auf eine harte Probe stellt:
Eine Milliarde, im Tausch gegen das Leben eines Mannes…
 
 
Das Buch hat es weder in meine Top-Ten des Jahres 2017, noch in meine All-Time-Favorites geschafft, aber es hat es geschafft mich einige Tage lang gut zu unterhalten, und das war mehr, als ich gedacht hätte. Dürrenmatt schafft es ungewöhnlichen bis unangenehmen Szenen noch immer Witz und Würze zu verleihen. Zudem gefiel mir der bereits genannte moralische Ansatz, welcher zwischen den Zeilen nur so lauert.
 
Das Ende hatte ich mir leider etwas spektakulärer vorgestellt; es war unerwartet erwartet. Ich hatte noch auf einen kleinen Plot Twist oder Klimax gewartet, welcher sich allerdings nicht einstellte.
 
Wenn man aber das Buch durchgelesen hat, kann man gut und gerne eine Diskussion vom Zaun brechen, inwiefern die Bewohner nun wirklich die von Frau Zachanassian geforderte Gerechtigkeit, welche sie in dem Tod eines bestimmten Mannes sieht, verübt haben. Und um noch einmal auf die Moral zurückzukommen, so hat mich dieses Buch doch sehr an die aktuell sehr bekannte Netflix-Serie „Black Mirrors“ erinnert. Wem diese Art von Gesellschaft und Wertvorstellungen also gefällt, ist mit diesem Buch gut bedient!
Und an diejenigen, welche noch immer mit meinen anfänglichen Gedanken zu kämpfen haben:
Kommt schon, das Buch hat 152 Seiten – was kann man da schon falsch machen? ;)

 
Seiten: 152 

Preis: 10,00 € (TB)
 
Veröffentlichung: 1956
 
Verlag: Diogenes Verlag
 
Genres: Roman, tragische Komödie


 ★★★☆☆☆
-Nina-

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen